Schuleinweihung und erster Tag in San Geronimo - Tag 5

... Erwartet wurden wir von insgesamt drei Dorfgemeinschaften, die extra (mit bis zu 5h Fußmarsch) nach San Geronimo gekommen waren. Es wurde nämlich die neue Dorfschule eingeweiht. Anfang des Jahres war das Gebäude gebaut worden und es konnten drei Lehrer angestellt werden, die in der Schule die Yanesha Kinder aus den drei Dorfgemeinschaften unterrichten. Die Lehrer leben von Montag bis Freitag im Dorf und kehren am Wochenende zu ihren Familien in Villa Rica zurück. Die Schule in San Geronimo ist so wichtig, weil ohne sie die Kinder der drei Dorfgemeinschaften nach der achten Klasse die Schule abbrechen mussten und so keine weitere Chance auf Bildung haben.

- Kurzer Einschub: San Geronimo ist unglaublich schön! Das Dorf besteht aus etwa 10 Familien, die ihre Hütten am Dorfzentrum oder in den umliegenden Wäldern haben. Das Dorf besteht aus einer großen Graßfläche (inklusive Fußballplatz, wobei der eher eine Matschwiese ist, was die Yanesha aber nicht stört), am Dorfeingang stehen die Schulgebäude und man sieht ein paar Hütten am anderen Ende der Rasenfläche. Rings um das Dorf ist Regenwald, unberührter Primärwald voller Pflanzen und Tiere. Das Dorf liegt nach drei Seiten eingerahmt von großen Bergen (die Yanesha nennen sie "Hügel"), die vollends von Regenwald bedeckt sind und über denen Nebelwolken hängen. Man steht also auf dem Dorfplatz und hat das Gefühl als befinde man sich in der Mitte eines riesigen dunkelgrünen Meeres. Es sieht fantastisch aus.

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Zurück zur Einweihung:
Die Einweihung war also ein großes Ereignis und große Ereignisse werden in Peru mit langen Reden gefeiert. Die Schulkinder und die Dorfgemeinschaft zeigten auch traditionelle Tänze zur Feier des Tages und ich sollte als "Professor aus Deutschland" auch spontan eine Rede vor den versammelten Dorfgemeinschaften halten. Davon wusste ich natürlich vorher nichts und plötzlich wurde ich als nächster Redner angekündigt...
Zum Glück konnte Jens von Chance e.V. für mich übersetzen, denn ansonsten wäre ich mit meinem bisschen Spanisch da schnell an meine Grenzen gekommen.
Nach eineinhalb Stunden Reden wurde dann das Schulgebäude eingeweiht. Dabei sollten Jens und ich mit einem Knüppel auf einen Kürbis schlagen, der an der Eingangstür hing. Der Kürbis war von innen hohl und gefüllt mit einer Überraschung. Und zwar mit Mazato, dem Nationalgetränk der Yanesha, das ist ein fermentierter Yucca-Saft (Yucca ist Maniok und wird quasi zu jeder Mahlzeit gegessen), der auch Alkohol enthält und nach Sauerteig riecht.
Als wir also, wie bei einer Schiffstaufe den Kürbis kaputtschlugen duschten wir die Umstehenden und uns selbst in vergorenem Wurzelgemüse...
Bei der Einweihung konnte ich auch ein Geschenk aus der Oberschule an den Dorfchef "Berna" übergeben, das Schüler aus der 5. Klasse mitgestaltet hatten und in dem viele gute Wünsche aus Deutschland standen. Über diese Aufmerksamkeit freuten sie sich sehr.

Danach wurde die Einweihung mit einem gemeinsamen Essen gefeiert und die Yanesha tranken sehr viel Mazato. Es gab gekochte Yucca (Maniok, auf Yanesha heisst die Pflanze "Mam"), frittierten Fisch (lecker!), Pituka (ein rosa Wurzelgemüse), Bananenreis und Salat. Wie ich später lernen sollte war das wirklich eine festliche Seltenheit, denn die Yanesha in San Geronimo essen fast keine Früchte und Gemüse, sondern hauptsächlich Kohlenhydrate (Yucca oder Pituka) und Fleisch (Fisch oder Hähnchen).
Nach dem Essen reisten dann die meisten Leute von Chance e.V. und die Gäste aus den anderen Comunidades wieder ab und ich blieb mit Josua (einem Freiwilligendienstler von Chance e.V.) und Cely (einer Yanesha, die für Chance e.V. arbeitet) im Dorf zurück.

Danach verbrachte ich den Rest des Tages damit mich mit Geronimo (dem Gründer des Dorfes) und Cely über die Vergangenheit und das Leben der Yanesha in der Comunidad zu unterhalten. Das war sehr spannend.

Als es dunkel wurde, gab es Abendbrot: gekochtes Mam und Tee.
Dann schlugen wir unsere Zelte/Schlafsäcke im Obergeschoss der Schule auf, um schlafen zu gehen. Also Zelten, 15 Meter vom Regenwald entfernt... Coole Erfahrung und sehr laut! Der Wald ist lebendig, man hört die ganze Zeit sehr laut die Grillen zirpen, manchmal Frösche rufen und in der Nähe des Dorfes fliesst ein Fluss, den man auch hört. Ich schätze die Lautstärke entspricht ungefähr der des Pausenhofs der OBS. Aber komischerweise stören dieses Geräusche gar nicht und man kann gut zu ihnen einschlafen. Das gelang uns dann nach diesem langen Tag auch sehr gut und schnell.